Kötschau – Psychotherapie

bio-psycho-soziales Krankheitsmodell

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Quelle: Gesundheitsreport 2013

Gesundheit und Krankheit liegen auf einem Kontinuum. Gesundheit ist nicht der „Normalzustand“, sondern Resultat aktiver Prozesse, so dass man sich näher am Gesundheitspol des Kontinuums einordnen kann. Der Organismus sucht in jedem Augenblick ein Gleichgewicht herzustellen zwischen den Fähigkeiten des Individuums und den Anforderungen der Umgebung. Die Frage ist: „Was erhält uns gesund?“ Und die Antwort darauf, ist nicht in wenigen Worten zu geben, sondern die Antwort lässt sich in mehreren fortlaufenden Therapie-Gesprächen finden, weil Lebensprozesse sehr komplex gestaltet sind. Psychosomatische Medizin bezeichnet das Bestreben, die Ganzheit des Menschen zu begreifen und ist Ausdruck einer ganzheitlichen Sichtweise in der Medizin, erweitert den Bezugsrahmen, so dass bei der Diagnostik und Therapie von Erkrankungen körperliche, psychische und soziale Faktoren mit berücksichtigt werden.

Laut den Gesundheits- oder Stressreports der großen Krankenkassen steigt in den letzten 20 Jahren die Kurve der Arbeitsunfähigkeitstage infolge psychischer Erkrankungen steil an. Stress und Burnout verursachen viel individuelles Leid und haben eine große ökonomische Bedeutung.

Sowohl Arbeit als auch Arbeitslosigkeit kann Stress auslösen.

Arbeit kann einerseits mit gewachsenen Kompetenzen, Identität, Zugehörigkeit Anerkennung und Wertschätzung verbunden sein, andererseits mit Informationsflut, Zeitdruck, Fragmentierung der Arbeitsabläufe, Multitasking, Überforderung, Ausbeutung, Konkurrenz, Missachtung und Unsicherheit.

Der Wandel in der Arbeitswelt, Wachstum und Beschleunigung, Zeitnot, Entgrenzung, stetige Erreichbarkeit, geforderte Flexibilität und hoher Erwartungsdruck sind uns allen vertraute Begriffe. Viele können abends nicht mehr abschalten, schlafen schlecht, fühlen sich ständig erschöpft. Die Triebfeder, warum sie trotzdem durchhalten, ist die Angst, abgehängt zu werden, abzustürzen.
Die Wirtschaft ist auf Wachstum, Beschleunigung und immer mehr Innovationsleistungen angewiesen, um Arbeitsplätze zu erhalten und Insolvenz, wie sinkende Steuereinnahmen zu vermeiden. Ökonomische Aktivitäten beruhen auf dem Prinzip der Steigerung. Durch die Beschleunigung der Prozesse müsste Zeit gespart werden können. Wenn man in einer Zeiteinheit hundert E-Mails empfangen, lesen und beantworten kann, müsste man Zeit übrig haben, stattdessen haben wir immer weniger Zeit. Die Zeit ist der knappste Rohstoff. Die Zeit vergeht schneller, sie rast dahin, wird verdichtet. Wissen veraltet schneller, Ressourcen im Innern, wie in der Umwelt werden schneller verbraucht und nicht mehr ersetzt.

Burnout kommt nicht nur durch zu viel Arbeit zustande, sondern durch das Gefühl der Sinnlosigkeit bei besonderen persönlichen und psychischen Faktoren. Egal wie viel und wie schnell man gearbeitet hat, im nächsten Monat, im nächsten Jahr muss es noch mehr sein. Es wird immer schwerer, mitzuhalten. Denn auf die Frage, wann ist das Bruttosozialprodukt groß genug und ausreichend, kommt die Antwort: „Nie!“ Irgendwann wird alles sinnlos. Und wenn man schon abgehängt worden ist, fällt es sehr schwer, wieder Anschluss zu finden

Erkrankungen entstehen und werden ausgelöst durch Disposition, Lebensstil und eine bestimmte Beziehung zwischen der Person und ihrer Umwelt. Das heißt aber nicht, dass wir unserer Genetik hilflos ausgeliefert sind (Epigenetik). Die bio-psycho-soziale Krankheitslehre hat sich durchgesetzt und erweitert damit das ursprüngliche biomedizinische (-mechanische) Modell in der Humanmedizin. Hinweise aus der Psychoneuroimmunologie postulieren, dass jeder Gedanke, jedes Gefühl und jeder Handlungsimpuls auch ein physiologisches Ereignis ist. Gesundheit ist damit die Kompetenz des Organismus mit Belastungen autoregulativ fertig zu werden. Und Krankheit stellt sich ein, wenn die zuständigen Regelkreise überfordert sind. Die Prägung der Persönlichkeit in der Kindheit und Jugend spielt hier eine Rolle. Sie steuert unsere Wahrnehmung der Umwelt, Konflikte erhöhen die psychische und vegetative Anspannung, der Einfluss vom Denken und Fühlen auf das vegetative Nervensystem und umgekehrt erklären die psychosomatischen Störungen. Aber auch vorbestehende somatische Erkrankungen beeinflussen die Psyche (Somatopsychische Erkrankungen).

Unser Nervensystem signalisiert Bedrohung, wenn die Situation mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Mitteln nicht bewältigt werden kann.

Wie kann Psychotherapie helfen? Indem der Fokus auf die Kompetenzen und Ressourcen gelenkt wird, indem der Raum von Optionen vergrößert wird, der Tonus des Sympathikus gedämpft und Regeneration gefördert und Potentiale entfaltet werden.

Es geht nicht um eine Optimierung, dass man sich im Hamsterrad noch schneller bewegen kann, sondern um Introspektion, Achtsamkeit und um das Erlangen eines neuen Verständnisses über den Zusammenhang von Lebenssituation und Symptomatik. Nur was einem selbst klar und bewusst geworden ist, was gefühlsmäßig stimmig ist, kann verändert werden.

Unter Psychotherapie versteht man eine Vielzahl von Verfahren, in denen es um die Behandlung von seelischen Leiden oder Bewältigung von körperlichen Erkrankungen geht. Dabei kann die Vielzahl an Methoden eingeteilt werden in aufdeckende (tiefenpsychologisch fundierte), verhaltenstherapeutische und systemische Verfahren. Manchmal ist Heilhypnose, Imagination oder Entspannung ein ergänzender und erleichternder Zugang zur Veränderung und Unterstützung des Selbstwertgefühls. Damit hoffe ich, dass Ihre Neugier geweckt werden konnte.

 

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